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Lösungsvorschläge für häufig auftretende Probleme

Die Zusammenarbeit zwischen den Stammschulen und den Schulen für Kranke bei der Rückführung einer Schülerin bzw. eines Schülers nach einem längeren Klinikaufenthalt in die Stammschule erfolgt in vielen Einzelfällen erfolgreich. Dennoch stehen Klinik- und Stammschullehrkräfte im Alltag immer wieder vor ähnlichen Fragen und Herausforderungen, auf die im Folgenden Lösungsvorschläge angeboten werden.

Lösungsvorschläge für mögliche Probleme zu Beginn und während des Klinikaufenthalts

Die Schule für Kranke nimmt schon bei Aufnahme des erkrankten Kindes bzw. Jugendlichen den Kontakt zur Stammschule auf mit der Bitte um Weitergabe von Unterrichtsmaterialien und der Abstimmung von Lerninhalten und Förderzielen.

Sollten diese Unterrichtshinweise auch nach längerer Zeit nicht weitergegeben worden sein, empfiehlt sich ein weiteres Telefonat mit der Klassenlehrkraft bzw. der Schulleitung der Stammschule, um evtl. Missverständnisse zu klären oder fehlende Kontaktadressen zu übermitteln und die Bedeutung der Zusammenarbeit für die erkrankten Kinder und Jugendlichen herauszustellen.

Hilfreich kann die Nutzung einer digitalen Plattform (z. B. mebis) sein, auf welcher alle Materialien für die Klasse zur Verfügung gestellt werden und auf die die Lehrkraft der Schule für Kranke direkt und zeitlich unabhängig zugreifen kann.

Eine niederschwellige Lösung, die allerdings nur sehr begrenzt genutzt werden sollte, ist die Einbindung einer Mitschülerin oder eines Mitschülers für die Übermittlung der wichtigsten Unterrichtsinhalte.

Sollten die Erziehungsberechtigten der Schule für Kranke keine Schweigepflichtentbindung gegenüber der Stammschule erteilen, so ist die Schule für Kranke nicht befugt, sich mit der Stammschule auszutauschen.

In diesem Fall orientieren sich die Lehrkräfte der Schule für Kranke an den aktuellen Lehrplänen. Das kann jedoch dazu führen, dass die beiden Schulen in unterschiedlicher Reihenfolge bzw. Schwerpunktsetzung unterrichten und nicht identische Lehrwerke benutzen. Eine begleitete Wiedereingliederung und ein Schulbericht mit pädagogischen Empfehlungen bleiben aus.

In einem offenen und wertschätzenden Gespräch mit den Erziehungsberechtigten sollten die Gründe für die ablehnende Haltung nachgefragt und über die positiven Effekte der Zusammenarbeit sowie die rechtliche Lage aufgeklärt werden. Meist ist die Angst vor Stigmatisierung ursächlich, besonders wenn die Mädchen und Jungen eine psychiatrische Einrichtung besuchen.

Auch wenn die pädagogische Handlungsfähigkeit dadurch eingeschränkt wird, können die Erziehungsberechtigten die Schweigepflichtentbindung auf wenige Personen einschränken und vorgeben, die Inhalte des Austausches auf ein Minimum zu begrenzen. Wenn sich die Stammschule bezüglich des aktuellen Lernstands und weiterer geplanter Lerninhalte mit der Schule für Kranke austauschen darf, kann zumindest der fachliche Anschluss der betroffenen Schülerinnen und Schüler an ihre Stammschule gewährleistet werden.

Zunächst sucht die Lehrkraft der Schule für Kranke das Gespräch mit dem erkrankten Kind bzw. Jugendlichen, um zu klären, inwieweit es bzw. er selbst im Moment den Kontakt zur Stammklasse wünscht und wenn ja, in welcher Form (synchron oder asynchron).

Bei einer positiven Entscheidung tauscht sich die Lehrkraft der Schule für Kranke mit der Stammschule aus und klärt, in welchem Rhythmus und über welche Wege ein Kontakt zur kranken Schülerin bzw. zum kranken Schüler gehalten wird. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten, auf die speziellen Vorbehalte, aber auch Wünsche des erkrankten Kindes bzw. Jugendlichen und der Klasse einzugehen: von Briefen, Postkarten, selbst geschriebenen Klassenbüchern, selbst gestalteten Bildern oder Postern über Klassenchats, Mails, Telefonate bis zu regemäßigen Videokonferenzen oder einer gemeinsamen Arbeit an digitalen Projekten.

Digitale Medien fungieren dabei als Brücke zwischen der ungewohnten Patientenrolle und der bisherigen Rolle als Schülerin bzw. Schüler und können dadurch einen positiven Einfluss auf die Genesung haben. In Videokonferenzen können sich Kinder und Jugendliche über ihren Klinik- bzw. Schulalltag, aber auch ihre ganz persönlichen Gedanken und Gefühle austauschen. Abhängig vom Krankheitsbild der Patientin bzw. des Patienten kann diese Teilhabeerfahrung sogar motivierend wirken im Hinblick auf die Bereitschaft, bei den Therapieangeboten der Klinik aktiv mitzuarbeiten, um anschließend rasch wieder in die Klasse zurückzukehren. Besonders onkologisch erkrankte Schülerinnen und Schüler möchten aufgrund ihres durch die Therapie veränderten Aussehens die Kamerafunktion ausschalten, was von der Klasse aber erfahrungsgemäß problemlos akzeptiert wird.

In Einzelfällen kann die Schule für Kranke evtl. auch ein Telepräsenzsystem für die Stammklasse zur Verfügung stellen, über das das Kind bzw. der Jugendliche kommunizieren kann. Die kleinen Roboter haben sich als äußerst hilfreich bei langfristigen und schweren Erkrankungen besonders im Hinblick auf die soziale Einbindung erwiesen.

Insbesondere wenn der Klinikaufenthalt des Kindes länger dauert, ist es sehr wichtig, dass der Kontakt zwischen den Schulen aufrechterhalten bleibt, da neben dem Austausch von Unterrichtsinhalten auch die soziale Einbindung der Schülerin bzw. des Schülers in die Stammklasse von großer Bedeutung ist. Gleichgültigkeit und Desinteresse der Stammschulklasse verstärken den Leidensdruck der erkrankten Mädchen und Jungen und erschweren die Wiedereingliederung.

Niederschwellige Möglichkeiten des Austausches sind Mailverkehr, Videochat oder Telefontermine. In manchen Fällen ist ein regelmäßiger „Jour fixe“ nötig, um beide Seiten in Kontakt zu halten.

Falls die Entfernung zur Klinik nicht zu weit ist, bietet sich auch ein Besuch der Stammschullehrkraft in der Schule für Kranke an. Dadurch kann die Bereitschaft zur Zusammenarbeit verstärkt und das Verständnis für die Situation der erkrankten Schülerin bzw. des erkrankten Schülers erhöht werden.

Falls sich die Klassenlehrkraft der Stammschule mit den regelmäßigen Kontakten schwertut, empfiehlt sich auch ein koordinierender Kontakt mit der Schulpsychologie, der Beratungslehrkraft oder der Schulleitung der Stammschule.

Lösungsvorschläge für mögliche Probleme vor und kurz nach der Wiedereingliederung

Grundlegend wichtig ist eine Offenheit aller Beteiligten gegenüber den Bedürfnissen, Sorgen und Ängsten der erkrankten Schülerin bzw. des erkrankten Schülers.

Gut unterstützen kann nur, wer über die Erkrankung und ihre Auswirkungen informiert und für die Bedürfnisse der erkrankten Mädchen und Jungen sensibilisiert wurde. Daraus leiten sich hilfreiche pädagogischen Maßnahmen ab. Deshalb ist die Aufklärung des betroffenen Schulpersonals über die Erkrankung wichtigste Voraussetzung, damit sich die Kinder und Jugendlichen in der Schule sicher und verstanden fühlen. Diese kann durch die Schule für Kranke, das medizinische bzw. psychosoziale Team der Klinik, den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst oder die Schulpsychologin bzw. den Schulpsychologen der Stammschule erfolgen.

Dies gilt auch für die Aufklärung der Mitschülerinnen und Mitschüler. In jedem Fall ist es wichtig, die Klasse auf die Rückkehr vorzubereiten. Aufgabe der Stammschule ist es, eine sichere Lernumgebung zu schaffen und die sozial-emotionalen Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler bspw. durch Trainings und evaluierte Förderprogramme zu schulen. Die Klasse zusammen mit der Klassenlehrkraft ist so in der Lage, Strukturen zu schaffen, die die Schülerin bzw. den Schüler in der Reintegrationsphase unterstützen (Schulwegsituation, Pause, Hausaufgaben, Lernsituation, Konflikte etc.).

Die ausgewählte Vertrauensperson des erkrankten Kindes bzw. Jugendlichen koordiniert die Hilfeleistungen und unterstützt bei Fragen und Problemen.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Unterstützung durch die Stammschule ist eine vorliegende gültige Schweigepflichtentbindung.

Die Erziehungsberechtigen der betroffenen Schülerin bzw. des betroffenen Schülers oder diese bzw. dieser selbst wenden sich an die dauerhafte Vertrauensperson oder suchen das Gespräch mit der Lehrkraft direkt. Die Schule für Kranke kann beratend bei solchen Gesprächen mitwirken bzw. der Lehrkraft ein Gespräch anbieten.

Die Lehrkräfte können sich bei Bedarf in Fortbildungen, die auch von der Schule für Kranke angeboten werden über das Krankheitsbild informieren und pädagogische und didaktische Rückschlüsse ableiten.

Die Schulleitung der Stammschule ist darin befähigt, die Lehrkräfte in solchen Prozessen zu unterstützen.
Weitere Kompetenzen liegen bei den Schulberatungsstellen oder den Schulpsychologinnen oder Schulpsychologen, die vermitteln und beraten können.
In sehr schwierigen Fällen ist es auch möglich, die Schulaufsicht einzubinden. 

Eine Krise ist ein außerordentliches Ereignis und bezeichnet in diesem Fall einen Rückfall der Schülerin bzw. des Schülers in den Krankheitszustand. Unterschieden werden muss der Zustand einer akuten und einer schleichenden Krise. Der Unterschied liegt vor allem in der Erwartbarkeit des Eintretens. Im Gegensatz zur akuten Krise kann die schleichende bereits im Vorfeld erkannt und es kann aktiv gegengesteuert werden.

Die dauerhafte Vertrauensperson des erkrankten Mädchens oder Jungens kann aufgrund der guten zwischenmenschlichen Beziehung schleichende Krisen rechtzeitig erkennen und vorgegebene Maßnahmen ergreifen bzw. bei akuten Krisen fachliche Hilfe anfordern.

Das Eintreten von Krisenfällen muss im Prozess der Wiedereingliederung präventiv mitgedacht werden. Im Übergang von Klinik- zur Stammschule sollte deshalb ein vernetzter Nachsorgeplan das Vorgehen im Notfall regeln.